Erfahrungen im Einsatz von Windows NT

Herbert Grünbacher
Maziar Khosravipour, Michael Sprachmann, Michael Gschwind
Institut für Technische Informatik
1040 Wien, Treitlstraße 3/182
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Zusammenfassung

In diesem Beitrag werden unsere Erfahrungen im mehrmonatigen Einsatz von Windows NT Workstation und Server auf Intel-CPUs wiedergegeben:

Windows NT ist ein leistungsfähiges, stabiles und professionelles Betriebssystem, durch Anwendungen hervorgerufene Systemabstürze wie bei Windows 3.1x oder Windows für Workgroups kommen nicht mehr vor.

Mit NT steht ein Betriebssystem zur Verfügung, das sich sehr gut für den Einsatz in heterogenen (UNIX, Microsoft, Novell, ...) Netzen eignet. Das System ist sehr benützerfreundlich, wer bereits Erfahrungen mit MS Windows hat, wird sich sehr leicht zurechtfinden.

Für den Einsatz von Windows NT kommen allerdings nur Rechner mit mindestens 486 / 50 MHz CPU und 16 MB RAM in Frage. Die von NT unterstützte Hardwarepalette ist zwar umfangreich, aber deutlich kleiner als bei Windows. Es empfiehlt sich, die Hardwarekompatibilität zu überprüfen.

Auf Grund der vergleichsweisen hohen Hardwareanforderungen kommt NT vor allem dann zum Zuge, wenn Systemstabilität und Sicherheit im Vordergrund stehen. Durch Einsatz von NT-Server ist es möglich, NT-, Windows95- und Windows-Anwendungen auf beliebigen X-Terminals zu betreiben.

Server/Workstation

Windows NT kommt in zwei Varianten auf den Markt: NT Server und NT Workstation.

NT Server ist optimiert für Serverdienste. NT Server hat seine Stärken in der Netzwerkadministration, im Inter-Networking, in Gateway-Funktionen, in Namensdiensten und in der Benutzerverwaltung. NT Server ist optimiert als File- und Applikationsserver. Die Campuslizenz für NT Server kostet 1300,-/800,- (Erstanschaffung/Wartung). NT Server bietet Zusatzdienste an, die in NT Workstation nicht enthalten sind. NT Server unterstützt das Domainen-Konzept, Benützer brauchen nur einmal an der Domäne angemeldet zu werden und können dann alle Rechner, die an der Domäne teilnehmen, benützen. Damit wird die Benützerverwaltung erheblich vereinfacht. NT Workstation unterstützt nur das Workgroup-Konzept. PCs, die unter NT Workstation vernetzt werden, können keine Domäne bilden, die Benutzer-einrichtung muß daher an jedem einzelnen PC durchgeführt werden. Mit NT Server ist es sehr einfach, Arbeitsplatzrechner einzurichten, es genügt die Erzeugung einer Diskette, um einen Rechner für DOS, Windows, Windows für Workgroups oder Windows 95 über die Netzverbindung einzurichten.

NT Workstation ist optimiert für Arbeitsplatzdienste. "Server"-Funktionen kann NT Workstation nur eingeschränkt übernehmen, diese Funktionen entsprechen der Funktionalität von Windows für Workgroups. NT Workstation kostet im Campus 650,-/400,- (Erstanschaffung/Wartung).

Abbildung 1: Abteilungsnetzwerk E182-2

Vernetzung

TCP/IP Vernetzung

Die TCP/IP Vernetzung ist Teil des Betriebssystems und problemlos einzurichten. NFS ist nicht Teil des Betriebssystems, Lösungen dafür im Kapitel NFS.

Die derzeitige Version 3.51 unterstützt kein dynamic routing, wenn ein Subnetz nicht direkt an einem Router angeschlossen ist, muß am nähesten Router eine Eintragung in die Routing Tabelle durch das EDV-Zentrum erfolgen.

Das Standardprotokoll für die Arbeit im Subnetz ist NetBEUI. Dieses Protokoll ist schlank und schnell, hat aber den Nachteil, daß es nicht routebar ist. Für Inter-Networking wird NetBIOS on TCP/IP eingesetzt. Dieses Protokoll, sowie AppleTalk, NetwareServices, DLC, sind Teil des Betriebssystems.

Novell

Novell-Unterstützung ist Teil des Betriebssystems, es ist sogar möglich, einen NT-Server im Novell-Netz wie einen Novell-Server erscheinen zu lassen.

RAS-Dienste

Remote-Access-Dienste für den Anschluß von Rechnern über Modems sind Teil des Betriebssystems (in NT Workstation kann nur ein Modem angeschlossen werden). RAS-Dienste sind auf dem RAS-Server (NT Server und NT Workstation) sehr leicht einzurichten, Funktionen wie automatischer Rückruf sind Teil der RAS-Dienste. Die Verbindung eines Windows 95 Rechners mit NT unter Verwendung der RAS ist sehr einfach und schnell einzurichten.

Netzanwendungen

NFS

NFS ist nicht Teil des Betriebssystems. Für NFS-Server und Client gibt es Zusatzprodukte unter NT. NFS-Server Produkte werden z. B. von Beame&Whitesite, NetManage und Intergraph angeboten. Eine kostengünstige Lösung, um zu UNIX- Netzwerklaufwerken verbinden zu können, kann über Samba realisiert werden.

Beame&Whiteside (Client)

Netconnect ist ein B&W NFS-Client, der unter NT installiert werden kann. Die Kosten dafür sind 300/100 (Anschaffung/Wartung). B&W ist einfach zu installieren und kon- figurieren und ist benützerfreundlicher als Samba. Bei einem oberflächlichen Performancetest wurden keine wesentlichen Unterschiede zwischen B&W und Samba festgestellt.

SAMBA

SAMBA ist ein auf UNIX zu installierendes Programm, das UNIX-Rechner für NT (auch für W4fW und Windows 95) sichtbar und zugreifbar macht. SAMBA kann nur konfiguriert werden, wenn das entsprechende UNIX-Wissen vorhanden ist.

Bei entsprechender Konfiguration auf der UNIX-Seite erscheinen die UNIX-Rechner in der Browse-Liste. SAMBA ist ein Public-Domain-Programm. Auf der Seite von NT (W4fW und Windows 95) ist keine Clientsoftware erforderlich. Samba ist nicht NFS sondern verwendet das SMB Protokoll über TCP/IP, aber aus NT-(W4fW und Windows 95)Benützersicht erscheinen UNIX-Laufwerke wie lokale oder andere Netzlaufwerke.

Es gibt auch kommerzielle UNIX-Anbindungen über das SMB Protokoll. (Der Zugriff auf swd ist über SAMBA verwirklicht.)

FTP (Client und Server)

FTP-Server ist Teil des NT Betriebssystems. FTP-Client steht innerhalb von NT nur in einer Kommandozeilenver-sion zur Verfügung, es gibt aber das ausgezeichnete PD-Programm ftp32.exe mit grafischer Oberfläche.

X-Terminal

HCL eXceed unterstützt X und ist im Campus erhältlich, der Preis dafür beträgt 1000/500 (Anschaffung/Wartung). eXceed gibt es in einer NT-Version.

Mail, News, WWW

Den WWW-Browser Netscape Navigator Version 2.0 gibt es als 32-bit Version. Mit diesem Programm ist auch das Senden und Empfangen von eMail und das Lesen von News möglich. Das Mailprogramm Eudora Pro 2.2 existiert auch als 32-bit Version. Der 16-bit Newsreader Free Agent läuft problemlos unter NT.

Es gibt viele verschiedene Mailprogrmme und Newsreader für NT (z.B. WINQVT, WINVN).

WWW-Server unter NT gibt es als PD-Programme von EMWAC, der (österreichische) WWW-Server Alibaba ist für Universitäten um ca. 1000,- erhältlich (Software Manufaktur), Netscape (NT und UNIX) ist für Universitäten kostenlos erhältlich. Den Microsoft Internet Information Server gibt es derzeit in einer Betaversion. Der MS Internet Server ist ein FTP-, Gopher- und WWW-Server, der allerdings nur auf NT-Server lauffähig ist.

Winsock-Anwendungen

In der Regel werden alle Winsock-basierenden 16-bit Programme unter NT laufen. 16- und 32-bit Winsockets sind Teil des NT-Betriebssystems.

Benützeranwendungen

Windows (16 bit) Anwendungen

Die meisten Windowsanwendungen laufen problemlos unter dem 16-bit Subsystem von NT. Eine Ausnahme bilden jene Programme, die direkt auf Hardware zugreifen oder VxD-Treiber verwenden.

Windows (32 bit), Windows 95 Anwendungen

Es gibt eine Reihe (ca. 3000) von 32-bit (NT) Anwendungen (z.B. Netscape, HCL eXceed). Die Windows 95 Anwendungen sind unter NT 3.51 lauffähig, soferne sie nicht VxD-Treiber verwenden.

Office 95

Die Anwendungen von Office 95: Winword, Powerpoint, Excel, Schedule+ sind unter NT lauffähig, allerdings erst ab NT 3.51.

Serveranwendungen

Wir setzen NT Server derzeit als File- und Druckerserver und als Gateway in das UNIX-Netz ein. Interessante Serveranwendungen wie z. B. MS Back- office und hier besonders der Systems Management Server zur Ressourcenverwaltung im Netzwerk, sind bei der Größe unseres Netzwerkes noch nicht wirtschaftlich.

Eine interessante Serveranwendung verspricht MS Exchange zu werden. Alle Kommunikationsdienste (LAN-eMail, Internet Mail, Fax, MSN, ...) werden von einem Server bedient. Dieses Produkt ist als Version 4.0 beta2 an der TU Wien im Rahmen von DEVNET erhältlich.

Windowsanwendungen unter X

Durch NT-Server Programme wie WinDD, NTrigue oder WinCenter gibt es die Möglichkeit, Windows NT, Windows 95 und Windows 3.1 Anwendungen an einem X-Terminal zur Verfügung zu haben.

Die erwähnten Programme sind Multiuser-Erweiterungen von NT-Server, die Ausgabe von am Server laufenden NT-, Win95- oder Win3.1-Programmen wird auf X-Terminals umgelenkt.

Windows 95

Für NT kann die Windows 95 Oberfläche installiert werden. Obwohl diese Oberfläche eine experimentelle Version ist, läuft sie stabil unter NT. Die Integration in das Betriebssystem ist aber nicht so vollständig wie in Windows 95, eine vollständige Integration ist für die nächste Version von NT (Ende 1996) zu erwarten. Die experimentelle Windows 95 Oberfläche kann in zehn Minuten installiert werden und läßt sich in zehn Minuten wieder entfernen.

Allgemeine Hinweise

Viele der von Windows bekannten Faxprogramme (WinFax, ProComm, ...) können unter NT Faxe senden und empfangen, es fehlt diesen Programmen aber ein Print-to-Fax- Treiber. Unter NT 3.51 gibt es einen Print-to-Fax-Treiber für WinFax als Teil des Betriebssystems. Die Netzwerkversion von WinFax läßt sich allerdings nicht unter NT verwenden. Für Netzwerkfax muß NT-Faxserver-Software installiert werden. Bei Konfigurationswechseln auf Server oder Workstation ist in der Regel ein Neustart erforderlich. Das kann bei stark belasteten Servern unangenehm sein.

Die Erstinstallation von Windows NT kann von CD oder über ein Netzwerk erfolgen, für Diskjockeys gibt es auch eine Diskettenversion.

Software, die Tongles verwendet, benötigt einen speziellen NT-Treiber, da unter NT ein direkter Zugriff auf Hardware nicht möglich ist.


Zum Inhaltsverzeichnis, Pipeline 18, Februar 1996