Test: IBM PowerPC unter AIX und NT
Bernhard Simon
In der letzten PIPELINE wurde der IBM Rechner PPS 850 kurz vorgestellt und den
Instituten die Möglichkeit angeboten, ihn zwei Monate lang unter AIX oder Windows
NT zu testen.
Zur Erinnerung: Das System ist mit PowerPC 604 (133 MHz) CPU, 512 KB L2 cache,
24 MB Hauptspeicher, 720 MB Festplatte, 4x CD-ROM Laufwerk (beide EIDE),
Graphik-, Netzwerk- und Audio-Komponenten ausgestattet.
Gleich zu Beginn des Tests erfolgte ein Ausbau auf 64 MB Memory (die 24 MB waren
für das CDE - die neueste Benutzeroberfläche unter AIX - einfach zu wenig), sowie der
Einbau eines PCI SCSI-2 Adapters, der den Anschluß einer 2 GB SCSI Platte
ermöglichte. Dafür wurden gewöhnliche PC SIMMs (72pin, 70ns, mit Parity), ein
weitverbreiteter PCI SCSI Adapter (NCR53C810) sowie eine IBM OEM Disk
verwendet, die auf Anhieb funktionierten. Mit dieser Konfiguration konnte nun
wahlweise NT (interne EIDE Festplatte) oder AIX (externe SCSI Festplatte) ge-bootet
werden.
AIX Test
Es meldeten sich 7 Interessenten, die sich die Hardware, AIX 4.1, CDE und UMS
(Multimedia) anschauten und in den Bereichen Wabi, Compiler, Kompatibilität und
Leistung testeten. Meine Aufmerksamkeit galt der Installation und Stabilität des
Betriebssystems.
- Die CD-Installation funktioniert sowohl mit der EIDE als auch mit der SCSI Disk. Das Betriebssystem (AIX 4.1.3) lief im Testzeitraum stabil, allerdings war die Maschine mit höchstens einem oder zwei Benutzern belastet. Positiv ist mir das schnelle CD-ROM Laufwerk aufgefallen und die Möglichkeit, nach dem Einschalten mit Hilfe der System Management Diskette bestimmte Einstellungen und Tests durchzuführen, die auf den meisten RS/6000 Rechnern nicht möglich sind (z.B. Boot-Device wählen, Systemkonfiguration achschauen).
Jeglicher Versuch - so wie es an der TU üblich ist - übers Netzwerk zu installieren war erfolglos. Ein Problem Report wurde an IBM (bis jetzt ohne Resonanz) verschickt.
- Mit den neuen Compilern (es wurden xlc und xlf ge- testet) gab es keine Probleme, es wurden auch keine Beschwerden im Bereich der Kompatibilität geäußert. Mich hat überrascht, daß sich MATLAB und ACSL (beide für AIX 3.2 entwickelt) anstandslos installieren ließen und einwandfrei funktionierten. Der MATLAB Benchmark lieferte folgende Ergebnisse (die Reihung stammt von MATLAB):
Loops | LU | Sparse | 3-D | 2-D
|
1.9 | 2.1 | 1.3 | 1.8 | 2.2 | PPS 850
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1.9 | 1.6 | 2.8 | 1.9 | 2.1 | SPARC-20/71
|
1.4 | 0.7 | 1.9 | 2.6 | 1.8 | RS/6000-590
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1.4 | 1.3 | 2.5 | 2.4 | 2.1 | HP9000/735
|
4.7 | 4.0 | 3.4 | 7.2 | 6.3 | PC Pentium/90
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10.0 | 10.0 | 10.0 | 10.0 | 10.0 | SPARC-2
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- Wabi ist jetzt brauchbar und kann sogar von X-Terminals aus verwendet werden. Tests mit existierenden Excel- und Word-Dateien waren erfolgreich, die Geschwindigkeit ist wie auf einem langsamen 486er.
- Die Erwartungen bezüglich Rechenleistung wurden offensichtlich erfüllt, hier gab es keine negativen Reaktionen. Meine Tests ergaben, daß der Rechner durchschnittlich doppelt so schnell wie eine RS/6000-250 ist, und - zumindest bei kleinen Problemen - im Bereich einer RS/6000-390 liegt. Ein kleiner Vergleich (Rechenzeiten in sec.):
rebbi | tub0 | tub1 | tub2 | tub3
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9.26 | 2.07 | 1.04 | 0.67 | 0.65 | PPS 850
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10.0 | 2.2 | 1.2 | 0.7 | 0.6 | RS/6000-390
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244.7 | 17.8 | 8.9 | 7.4 | 5.2 | DECstation 3100
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Ein weiterer Test ergab (wie zu erwarten war), daß das Testsystem genauso schnell wie eine RS/6000-43P (133 MHz) ist.
NT Test
Es gab keine Interessenten für diesen Test, dafür sprangen zwei Kollegen aus der
Abteilung IU ein. Getestet wurden Funktionalität, Umfang der vorhandenen Software,
Kompatibilität zu Intel Systemen und von mir wieder Installation und Konfiguration.
Vorausschicken sollte ich vielleicht noch, daß NT - im Gegensatz zu AIX - für mich
Neuland war, und ich bis auf die Möglichkeiten des Internets keine Informationsquellen
(z.B. Doku) hatte.
- Bis alle Installationsvoraussetzungen geschaffen waren, vergingen einige Wochen. Neben meinem Unwissen auf diesem Gebiet, waren folgende Faktoren dafür ausschlaggebend:
Hardware-Probleme, die sich erst bei den NT Installationsversuchen zeigten, mit anschließender Reparatur.
Der Rechner wurde ohne Betriebssystem gekauft, daher fehlten die speziellen Installationsmedien (Diskette, CD-ROM, siehe weiter unten).
Um überhaupt mit der Installation von CD beginnen zu können, ist eine architekturspezifische Boot-Diskette (ARC Bootloader) notwendig. Ein passendes ZIP-Archiv mit den entsprechenden Dateien war schnell gefunden (ftp.pc.ibm.com
). Mit den darin enthalten Binaries (für Intel und PowerPC Prozessoren) konnte diese Boot-Diskette erzeugt werden, allerdings nur, wenn bereits ein laufender NT Rechner existierte!
Die am Campus vorhandene Microsoft NT Installations-CD war - obwohl sie Binaries für PowerPC enthielt - für die Installation eines IBM PPC 850 nicht geeignet (der Rechner ist auch nicht in der sogenannten Hardware Compatibility List von Microsoft angeführt).
Es gibt von IBM eine eigene CD Windows NT 3.51 Workstation (PowerPC Edition), mit der sich der Rechner auch wirklich problemlos installieren läßt. Diese kann (zumindest in Wien) bei IBM nicht gekauft werden, selbst wenn man die Part Number kennt (wird nur gemeinsam mit einem Rechner, für den auch NT geordert wurde, ausgeliefert).
Die Installation selbst dauert knapp eine Stunde und ist menügeführt, benötigte Parameter (z. B. Netzwerk-Daten) werden abgefragt. Hier traten keine Probleme auf. Das Betriebssystem läuft stabil, es gab keine Abstürze.
- Die Konfiguration des Systems erfolgt zum Großteil schon während der Installation, weitere Konfigurationen (z. B. Einrichten von Druckern, Netzwerk-Laufwerken, ...) sind im Prinzip kein Problem, wenn man weiß, was wo einzustellen ist und man sich nicht im Menü-Dschungel verirrt.
- Das Softwareangebot für die PowerPC Plattform ist eine gravierende Schwachstelle. Im Testzeitraum (November 1995) gab es neben dem Betriebssystem (von IBM), das darüber hinaus bloß eine Workstation Version ist, aus der Campus-Produktpalette für NT nur Excel und Word in PowerPC Ausgaben. Diese Situation hat sich bis heute nicht entscheidend verbessert.
- In ihrer Funktionalität unterscheiden sich die PowerPC Versionen der getesteten Produkte nicht von ihren Gegenstücken auf Intel NT Systemen. Das Update auf eine Betaversion von NT 4.0 (für PowerPC, jedoch diesmal von Microsoft) war erfolgreich.
- Wie zu erwarten war, ist keine Kompatibilität zur Intel Plattform gegeben, d.h. daß für fast alle Produkte und Programme eigene PowerPC Portierungen durchgeführt werden müssen. Selbst in der DOS-Umgebung unktionieren nur einige wenige Programme (z.B. selbstextrahierende ZIP-Archive).
Die Ergebnisse der Tests möchte ich kurz so zusammenfassen:
Der Rechner ist eine leistungsfähige AIX-Workstation, die stabil läuft. Ich würde mir
aber - falls auch der Preis stimmt - eher die gleichwertige RS/6000-43P anschaffen, die
schon in der Standardkonfiguration SCSI bietet.
In der NT Landschaft ist das System noch ein Außenseiter. Derzeit wäre das magere
Softwareangebot für mich schon Grund genug, mich nach einer anderen NT Plattform
umzusehen.
Zum Inhaltsverzeichnis, Pipeline 18, Februar 1996