Am 1. Mai 1996 wurde die Verbindung zwischen dem Netz der TU Wien und der Universität Wien sowie dem ACOnet - dem Netz der Österreichischen Universitäten - von der bisher eingesetzten FDDI-Technologie (100Mbit/s) auf die ATM-Technologie (155 Mbit/s in beide Richtungen) umgestellt. Die neue Anbindung der TU Wien ist folgender Abbildung zu entnehmen.
Neben der Hauptverbindung in ATM-Technologie existiert noch eine Backupverbindung in Ethernet-Technologie (10 Mbit/s). Wenn beide Verbindungen ausfallen, gibt es noch eine 64 kBit/s Notverbindung (nicht eingezeichnet). In absehbarer Zeit wird auch die WU-Wien, so wie bereits die Universitäten in Linz und Graz, in die ATM-Vernetzung eingebunden.
Bei den bisher an der TU Wien eingesetzten Übertragungstechniken Ethernet und FDDI war die kleinste Einheit, die auf einmal übertragen werden konnte und für die ein Router, eine Bridge oder ein Switch eine Entscheidung treffen muß, auf welches Kabel die Daten weitergeschickt werden sollen, das Paket (maximale Größe 1500 Byte bei Ethernet bzw. 4470 Byte bei FDDI). Diese relativ langen Pakete sind sehr gut für die Datenübertragung geeignet - man denke nur an die Übertragung eines 10 Mbyte großen Files - da wenig Verlust durch die pro Paket notwendigen Protokoll-Informationen (wer schickt wem etwas, Datenformat, laufende Paketnummer, Prüfsummen,...) entsteht. Der Nachteil ist jedoch, daß die Pakettechnik für die sogenannten isochronen Dienste, d. h. Übertragungen, die in fix vorgegebenen Zeitintervallen durchgeführt werden müssen wie z. B. Telefonie und Videoübertragung, nicht geeignet sind, da der Abstand zwischen den Paketen sehr unterschiedlich sein kann.
Als Lösung zur Verbindung der Anforderungen der Datenübertragung und Telefonie wurde die ATM-Technologie entwickelt, die als kleinste übertragene Einheit die Zelle hat. Als Kompromiß zwischen der Anforderung einer sehr kleinen Zellgröße für die Telefonie und der langen Pakete für die Datenübertragung wurde eine Zellgröße von 53 Byte, davon 48 Byte Nutzdaten, standardisiert. Durch diese sehr kleinen Zellen und die Verwendung von verbindungsorientierten Protokollen ist es nun möglich, daß der ATM-Switch die Entscheidung, auf welches Interface eine ankommende Zelle geschickt werden muß, sehr effizient, da praktisch keine Pufferung notwendig ist, in Hardware implementieren kann. Dadurch erreicht man sehr hohe Daten- und Switching- raten. Diese Technologie ist nicht nur mit 155 Mbit/s einsetzbar sondern auch für 622 Mbit/s, 2.4Gbit/s und 4.8Gbit/s usw. geeignet.
Zusammengefaßt bietet diese Technologie folgende Vorteile:
Es kann ein und dasselbe Netz für unterschiedliche Verkehrsarten (Sprache, Daten, Video) eingesetzt werden. Ein sehr wichtiger Faktor für öffentliche Netzbetreiber wie die Post.
Es werden neue Applikationen realisierbar - hohe Datenraten, Integration von mehreren Verkehrsarten (Multimedia).
Da das Format der Zelle nicht vom Übertragungsmedium abhängt (Standleitung, Twisted Pair, Glasfaser), kann eine Verbindung ohne komplizierte Umsetzungen (Änderungen des Paketformats und der Paketgröße) über unterschiedliche Übertragungsmedien mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten erfolgen. Nur eine entsprechende Pufferung ist bei der Änderung der Übertragungsgeschwindigkeit eventuell notwendig sowie eine entsprechende Konfiguration der Bandbreite für die Verbindung.
Die Verzögerung (Latency) in einem Switch ist deutlich geringer als z.B. in einem Ethernet-Switch oder einem Router.
Die Bandbreite für eine konkrete Verbindung (Applikation) kann praktisch stufenlos (natürlich nur im Rahmen der Gesamtbandbreite) eingestellt werden. So ist z. B. die Aufrüstung einer ATM-Verbindung bei der Post ohne Hardware-Umbauten möglich. Es kann auch zusätzliche Übertragungskapazität auf Zeit (z. B. stundenweise) angemietet werden.
Auf Grund der derzeit noch relativ hohen Preise der ATM-Technologie und der offenen Standardisierungen waren wir beim Start mit dieser Technologie eher zurückhaltend. Durch den glücklichen Umstand, daß die TU Wien von der Firma Ericsson Schrack im Rahmen des Austrian National Host (Forschungsinitiative der EU) eine sehr großzügige Unterstützung für das Pilotprojekt CIVIC (Computer Integrated Video Conferencing) einer Forschergruppe der Fakultät für Raumplanung und Architektur im Rahmen des Forschungsschwerpunkts "Computerintegrierte räumliche Planung" voriges Jahr erhalten hat, war es uns zur geringen Kosten möglich, in diese neue Technologie einzusteigen.
Da im Rahmen des Projektes CIVIC auch Verbindungen zu anderen Universitäten und ins Ausland aufgebaut werden sollen, war es daher sinnvoll, die ATM-Technologie am Verbindungspunkt zwischen TU Wien und Uni Wien bzw. ACOnet einzusetzen. Dazu kam noch, daß die WU-Wien voriges Jahr mit ATM im Backbone begonnen hat, die Uni Wien im Rahmen eines Projektes ATM einsetzt, und im ACOnet die Verbindungen mit dem größten Lastaufkommen (Wien-Linz, Wien-Graz) inzwischen auf ATM umgestellt wurden.
Die Vorteile dieser neuen Verbindungstechnologie zwischen TU Wien und Uni Wien bzw. ACOnet liegen nicht so sehr in den höheren Datenraten, sondern in den neuen Möglichkeiten:
Es können kurzfristig für Projekte dedizierte Verbindungen zwischen der TU Wien und anderen, direkt über ATM erreichbaren Universitäten aufgebaut werden.
Es kann bei der Post (gegen Bezahlung) Bandbreite kurzfristig stundenweise, auch ins Ausland, angemietet werden. Einsatzbereiche sind z. B. Videoübertragungen (z.B. bei Konferenzen). Da eine Verbindung zwischen dem ATM-Netz der Universitäten im Wiener Raum und der Post an der Uni Wien existiert, sind dafür keine Hardware-Installationen notwendig - diese sehr hohen Kosten in Relation zu dem stündlichen Entgelt entfallen daher.
Bei Fragen zu dieser Technologie und bei Wünschen nach projektbezogenen Schaltverbindungen wenden Sie sich bitte an mich.