Die Entwicklung des Wählleitungsservices an der TU Wien
Rückblick, Ist-Stand, Ausblick

Johannes Demel

In den 70er und 80er Jahren war das Wählleitungsservice zum Großteil ein Hilfsmittel zur Kommunikation innerhalb der TU Wien. Zu dieser Zeit gab es noch kein lokales Netz und die Standleitungen zwischen den Gebäuden waren zum Teil nicht möglich oder zu teuer. Durch die umfangreichen Investitionen in das Lokale Netz der TU Wien ab ca. 1986 und die Dezentralisierung der Terminalserver verlor das Wählleitungsservice an Bedeutung. Die Kosten für Wählleitungsmodems waren zu diesem Zeitpunkt beachtlich (10.000 bis 20.000 Schilling). Die Arbeit erfolgte meistens über relativ langsame interaktive Terminals oder PCs.

So wurden im Juni 1991 drei asynchrone Wählleitungszugänge mit einer maximalen Datenrate von 2400 Bit/s geboten, die hauptsächlich von externen Kunden genutzt wurden.

Im Zuge der Reorganisation der Services des EDV-Zentrums konnte der Wählleitungszugang im Oktober 1991 um 2 weitere 9600 Bit/s Anschlüsse erweitert werden. Im Oktober 1992 wurden die 2400 Bit/s durch 14.400 Bit/s Modems ersetzt. Langsam nahm die Bedeutung des Wählleitungszugangs zu - immer mehr Angehörige der TU Wien besorgten sich Modems für den Heimarbeitsplatz - und so wurden im Oktober 1993 drei weitere Anschlüsse mit 14.400 Bit/s installiert. Es waren nun insgesamt 8 Wählleitungsanschlüsse verfügbar.

Im Frühjahr 1994 war im Zuge der Erarbeitung des Realisierungskonzepts des Mail/News/Info-Services für Studierende klar, daß dem Zugang über Wählleitung ein ent- sprechender Stellenwert zukommt, da Modems immer weiter verbreitet waren und durch das Wählleitungsservice die Platzsituation für allgemein zugängliche Arbeitsplätze entspannt werden kann. Es wurde daher im Konzept die Aufrüstung auf 15 Wählleitungszugänge mit Datenraten von je 28.800 Bit/s vorgesehen. Zu diesem Zeitpunkt war die Verbreitung von Modems im Heimbereich und die Frage, wieviel Telefonkosten die Benutzer bereit sind, für den Zugang über Wählleitungen selber zu zahlen, schwer abschätzbar.

Zur Realisierung dieses Konzepts wurden im Dezember 1994 vier weitere Anschlüsse installiert. Am 14. Juni 1995 wurde der Wählleitungszugang um 5 weitere Anschlüsse ausgebaut. Beginnend am 3. März 1995 wurden die einzelnen Zugänge schrittweise auf V.34 Modems aufgerüstet. Seit 9. Mai 1995 sind auf allen Anschlüssen die Protokolle SLIP und PPP konfiguriert.

Es zeigte sich jedoch bald, daß der (billigere) Aufbau mit vielen einzelnen Modems sehr fehleranfällig ist und daß der Bedarf an Wählleitungen deutlich über den Erwartungen gelegen ist. Folgende Effekte haben zu hohen Anforderungen an das Wählleitungsservice geführt:

Auf Grund dieser gestiegenen Anforderungen wurde daher ein Ausbau des Wählleitungszugangs auf ca. 30 Anschlüsse mit V.34 Modems für das Jahr 1995 geplant. Da dieses Service sehr große Personalressourcen bei der Betreuung (Lokalisierung und Behebung von Problemen, Benutzeranfragen) beansprucht, wurde überlegt, das gesamte Service an einen Service-Provider gemeinsam mit anderen Wiener Universitäten (Uni Wien, WU-Wien) outzusourcen. Diese Idee wurde jedoch wegen der relativ hohen Kosten, die bei Gesprächen mit Service-Providern genannt wurden, verworfen.

Zur Erreichung einer entsprechenden Stabilität bei der großen Anzahl von Anschlüssen können nicht so wie bisher einzelne Modems eingesetzt werden, sondern eine kompakte (Rack-Mount) Variante - von den Investitionen zwar teurer, aber vom Betreuungsaufwand billiger - ist sinnvoll. Ein weiterer Aspekt bei der Neukonzeption war eine einfachere und billigere Verbindung mit der Post und die Zusammenführung der analogen und ISDN-Zugänge. Aus diesen Gründen sollte die neue Lösung über ISDN Multianschlüsse (30 gleichzeitige Verbindungen über eine Leitung) realisiert werden.

Im Sommer wurde dann eine beschränkte Ausschreibung für ein Rack-Mount Modem System durchgeführt. Dieses System der Type US Robotics Total Control mit Cisco Terminalservern wurde am 23. Oktober 1995 in Betrieb genommen. Damit waren alle Anschlüsse und V.34 Modems ausgestattet.

Ab Anfang Oktober wurde allen Benutzern mit einer gültigen Berechtigung auf einem Fachbereichsrechner (und in der Folge dann auch für weitere Zentrale Server wie die Applikationsrechner) automatisch eine Berechtigung für die Wählleitungen erteilt.

Um die Anbindung an die Post effizient und flexibel zu realisieren, wurde bei der Post ein ISDN Multi-Anschluß bestellt und eine kleine ISDN-Nebenstellenanlage beschafft, die die Umsetzung zwischen dem ISDN Multi-Anschluß und den analogen Modemeingängen durchführt (im Jahr 1995 waren noch keine in Österreich einsetzbaren Produkte, die einen direkten Anschluß des ISDN Multi-Anschlusses an ein Modemsystem bieten, verfügbar). Leider wurde der ISDN Multi-Anschluß von der Post erst sehr verspätet installiert, daher konnte die Erweiterung auf insgesamt 30 Wählleitungszugänge erst am 2. Februar 1996 in Betrieb genommen werden. Auf Grund der Entwicklung im Februar und Anfang März 1996 ist schon abzusehen, daß auch 1996 ein Ausbau des Services erforderlich ist. Es wurde daher Mitte April ein weiterer ISDN Multi-Anschluß bei der Post bestellt.

Insgesamt wurden im Jahr 1995 ca. 1 Mio. Schilling in das Wählleitungsservice investiert (hierbei ist auch schon ein Teil des Ausbaus für das Jahr 1996 inkludiert). Die Investitionskosten für einen Wählleitungsanschluß inklusive Infrastrukturkosten kommen derzeit auf ca. 20.000 Schilling (inkl. MwSt.). Im Vergleich dazu kostet die Errichtung eines weiteren Arbeitsplatzes in den Benutzerräumen (inkl. anteiliger Server- und Netzinfrastrukturkosten, jedoch ohne Raumkosten) ca. 40.000 Schilling.

In der folgenden Graphik ist die Entwicklung der Verwendung des Wählleitungsservices seit Jänner 1995 dargestellt.

Die Verteilung der Nutzung auf die einzelnen Benutzergruppen (symbolisiert durch den Namen des Validierungsrechners, wobei tacacs für die explizit validierten Benutzer steht) des Wählleitungsservices für Jänner 1996 können Sie folgendem Diagramm entnehmen. Die Verwendung (nach Connectzeit) durch Studierende hat einen Anteil von 89 %. Insgesamt waren im Jänner 1996 7772 Benutzer für das Wählleitungsservice validiert, 95% davon Studierende. 18% der validierten Benutzer haben das Wählleitungsservice auch wirklich in Anspruch genommen.

Der typische Tagesverlauf der Nutzung des Wählleitungsservices kann folgendem Beispiel vom 25. April 1996 entnommen werden (die aktuellen und historischen Auslastungskurven können unter URL:http://noc.tuwien. ac.at/noc/traffic/tsmlines.html angesehen werden). Die oberste Linie stellt das derzeitige Maximum von 30 gleichzeitig aktiven Leitungen dar. Das Sampling erfolgt alle 10 Minuten.

Im Zuge der Reorganisation des Zugangs für asynchrone Modems wurde auch der ISDN-Zugang in die Gesamtlösung integriert. Dadurch konnte eine einheitliche Hauptnummer für den Zugang zum TUNET realisiert werden. Die Services des analogen bzw. des ISDN-Zugangs werden nur durch eine unterschiedliche Durchwahl unterschieden.

Abschließend das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten der derzeitigen Lösung des Wählleitungszugangs:


Zum Inhaltsverzeichnis, Pipeline 19, Juni 1996