Ausbau des TUNET Backbones
ATM löst FDDI schrittweise ab
Johannes Demel
Bisher basierte das TUNET Backbone auf einem FDDI-Ring zwischen den
Standort- und Gebäudeverteilern der Standorte Freihaus, Karlsplatz,
Resselgasse, Treitlstraße, Gußhaus und Getreidemarkt der TU
Wien. Vom FDDI-Ring aus wurden die einzelnen Institute und Einrichtungen
über Router angebunden. Von den Standortverteilern Freihaus, Karlsplatz
und Gußhaus sind die Gebäudekomplexe Bibliothek, Karlsgasse,
Argentinierstraße, Gußhausstraße 28-30 und Floragasse
über Ethernet (via Glasfaser) sowie die Standorte Möllwaldplatz,
Theresianumgasse und Aspanggründe über Standleitungen der Post
(64 kBit/s bzw. 128 kBit/s) angebunden.
Im Backbone FDDI-Ring befinden sich neben den Standort- und Gebäuderoutern
noch ausgewählte zentrale Server (Fachbereichsrechner, Applikationsserver).
Die Anbindung des Netzes der TU Wien an das ACOnet und damit das Internet
erfolgt über eine ATM-Strecke (155 Mbit/s) zur Universität Wien.
Daneben existiert noch eine Backupverbindung über eine 10 Mbit/s Glasfaserstrecke
sowie eine 64 kBit/s Standleitung vom Standortverteiler Gußhaus.
Strategische Überlegungen und Untersuchungen der Netzlast im Backbone
haben folgende Problemkreise aufgezeigt, die einer Lösung zugeführt
werden mußten:
- Derzeit wird schrittweise die Verkabelungsstruktur auf eine strukturierte
Verkabelung umgestellt. Damit ist von der Verkabelung her die Möglichkeit
gegeben, hohe Datenraten (100 Mbit/s und mehr) bis an den Arbeitsplatz
oder zu einem Institutsserver zu bringen. Die Struktur des Backbones von
Seiten der eingesetzten Geräte ist für diesen Einsatz jedoch
noch nicht ausgelegt. Aus Sicherheitsüberlegungen sollen keine Arbeitsplätze
oder Institutsgeräte direkt an den FDDI-Backbone angeschlossen werden.
- Im Zuge der Adaptierung der neuen Gebäude im Bereich Favoritenstraße
ist vorgesehen, von Haus aus eine Struktur basierend auf Switches mit High
Speed Uplinks zu realisieren. Es war daher das Ziel, bereits jetzt mit
der Adaptierung der Backbone Struktur des TUNET zu beginnen, sodaß
eine spätere Einbindung der Gebäude Favoritenstraße problemlos
möglich ist.
- Lastuntersuchungen haben gezeigt, daß die vielen Services des
EDV-Zentrums eine hohe Last vom EDV-Zentrum zu den Instituten erzeugen,
und daß dadurch die Bandbreite zwischen EDV-Zentrum und Backbone-Struktur
bereits einen Engpaß darstellt. Als Gebäudekomplex mit einer
hohen Last wurde auch der Gebäudekomplex Gußhausstraße
mit den angeschlossenen kleineren Gebäuden festgestellt.
Das Ziel der Restrukturierung des TUNET Backbone ist die Verwendung
von ATM als Ersatz des FDDI-Ringes. Dadurch ergeben sich folgende strukturelle
Vorteile:
- Die Erhöhung der Kapazität der Anbindung von Instituten oder
von Institutsservern an das Backbone ist durch Verwendung eines ATM-Interfaces,
das zum nächsten ATM-Switch geführt wird, leicht und strukturkonform
möglich.
- Eine Erhöhung der Kapazität im Institutsbereich durch Switches
(z.B. Ethernet) im Sinne der Segmentierung und Mikrosegmentierung kann
leicht bis zum Backbone fortgeführt werden.
- Die Kapazität des Backbones kann einfach durch Verwendung von
mehr ATM-Interfaces erhöht werden (die Backplane eines ATM-Switches
stellt keinen Engpaß dar - meistens Full Wire Speed) -> sehr gute
Skalierbarkeit.
- Durch das Konzept der Virtuellen LANs (VLAN) ist es möglich, Rechner,
die in unterschiedlichen Räumen bzw. Standorten installiert sind,
jedoch zum gleichen Institut bzw. der gleichen Arbeitsgruppe gehören,
zusammenzufassen. Zwischen diesen Rechnern erfolgt die Verbindung dann
über die Switching-Technologie (Layer 2 Technologie) und es ist kein
(zeitaufwendigeres) Routing erforderlich. Dies bedeutet einerseits eine
bessere Performance (im Sinne von Latency), andererseits wird das Management
der Layer 3 Adressen (z.B. IP-Adressen) wesentlich einfacher (nur ein IP-Subnetz
für das gesamte Institut).
- Da die Switching Technologie auf einer sternförmigen Verkabelungsstruktur
eines Non-Broadcast-Mediums basiert (im Gegensatz zu Thinwire oder FDDI),
ist die inherente Security des Netzes deutlich besser (z.B. Abhörsicherheit).
- Mittels ATM (z.B. mittels PVCs) sowie VLANs können über gemeinsame
Kabel voneinander unabhängige Rechnergruppen realisiert werden, die
nicht einmal eine (logische) Verbindung mit dem Rest des TUNET haben müssen.
Im Zuge der Entwicklung dieses Konzepts wurde natürlich auch die
Frage von Fast Ethernet als Alternativ-Technologie zu ATM diskutiert. Fast
Ethernet bietet zwar derzeit preislich Vorteile, folgende Nachteile haben
jedoch zur Entscheidung geführt, das Backbone basierend auf ATM zu
konzipieren:
- Die leichte Skalierbarkeit ist nicht gegeben (bei ATM 155 -> 622
Mbit/s).
- Die Performance beim Übergang zwischen Ethernet und Fast Ethernet
ist schlechter (ein Switch muß in diesem Fall das gesamte Paket zwischenspeichern,
dies ist bei ATM nicht erforderlich).
- Die verfügbaren Fast Ethernet Geräte sind für den Einsatz
im Workgroup Bereich konzipiert und nicht für den Backbone Bereich.
- Das Konzept der Virtuellen LANs ist, abgesehen von proprietären
Lösungen, die jedoch nicht gut skalierbar sind, nicht verfügbar.
Der Einsatz von Fast Ethernet im Workgroup-Bereich an Instituten (z.B.
1 Server mit Fast Ethernet an einen Ethernet-Switch für die Arbeitsplätze
angeschlossen) ist sehr wohl sinnvoll, wenn die Workgroup keine leistungsstarke
Verbindung (mehr als 10 Mbit/s) zum Backbone braucht.
Wegen der finanziellen Randbedigungen und der komplexen Umstellung kann
die Restrukturierung nur über mehrere Jahre erfolgen. Um jedoch rechtzeitig
(z.B. für die Favoritenstraße) zumindest Teile der Zielstruktur
in Betrieb zu haben und um die akuten Engpässe in einigen Bereichen
zu beheben, wurde ein erster Schritt 1996 gesetzt.
Basierend auf dem Gesamtkonzept wurde eine Realisierungsstufe für
1996 konzipiert und eine öffentliche Ausschreibung erstellt. Als Bestbieter
wurde die Firma Siemens ermittelt und Ende Juli mit der Lieferung der notwendigen
Komponenten im Umfang von ca. 1.95 Mio Schilling beauftragt.
Die neue Backbone Struktur ist der Abbildung zu entnehmen. Gegenüber
der bisherigen Struktur wurden folgende wesentliche Änderungen vorgenommen:
- Im Bereich Freihaus und Gußhaus sind je ein ATM-Switch installiert.
Diese dienen als Backbone für jene Bereiche des TUNET, die mit der
neuen Technologie versorgt werden.
- Die Versorgung des EDV-Zentrums erfolgt über einen Ethernet-Switch
mit ATM Uplink. Der bisher für die Versorgung des EDV-Zentrums eingesetzte
Router wird in einer Hot Standby Konfiguration für kritische Teile
von IP-Subnetzen weiter verwendet werden, um eine entsprechende Ausfallssicherheit
zu garantieren.
- Zwei zentrale Routeserver stellen die Verbindung zwischen den einzelnen
VLANs der über Ethernet-Switches angebundenen Segmente / Etagenverteiler
her.
- Im Bereich Gußhaus wird die Backbone-Struktur, die bisher auf
drei Router aufgeteilt war, über einen Ethernet Switch mit ATM-Uplink
ersetzt.
Im Jahr 1997 sollen weitere Standorte (Getreidemarkt, Freihaus) in die
neue Struktur eingebunden werden.
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Pipeline 20, Oktober 1996