TU Wien |
ZID |
ZIDline 11 | AT43
Die AT43 Breitband-Kommunikationsplattform
Michael Haberler, Internet Privatstiftung Austria
Die Verfügbarkeit von Breitband-Anschlüssen und die Erfüllung einer Reihe
technologischer und wirtschaftlicher Vorbedingungen ermöglicht die Verwendung
des öffentlichen Internet als Basis hochqualitativer Anwendungen wie Sprache,
Video und Instant Messaging. Das Adressierungsverfahren ENUM spielt eine
wichtige Rolle bei der nahtlosen Kommunikation zwischen dem öffentlichen
Telefonnetz und solchen Internet-basierten Anwendungen. Mit dem Projekt
"AT43" setzt nic.at einen Schritt in Richtung eines breit verfügbaren Pilot-Dienstes
für den akademischen Sektor, der in einem weiteren Schritt auch anderen
Internet-Benutzern offen steht.
Das Umfeld
Breitband-Verfügbarkeit
Anders als noch vor wenigen Jahren ist die Verfügbarkeit von Internet-Breitbandanschlüssen
wenn zwar noch nicht flächendeckend, so doch sehr breit gegeben. Auch die
Qualität dieser Zugänge, und die deren Backbones macht diese heute qualitativ
für Echtzeit-Anwendungen geeignet, an die noch vor kurzer Zeit nicht ernsthaft
zu denken war. Darunter sind vor allem bandbreiten- intensive Anwendungen
wie qualitativ hochwertige Sprachübertragung beispielsweise für Sprachtelefonie,
sowie Video. Die Verbreitung von Wireless LAN (WLAN) macht diese Dienste
dazu "ungebunden" nutzbar, sei es in öffentlichen "Hotspots", zu Hause
oder im beruflichen Umfeld.
Wirtschaftliche Motivation
Als vor knapp einem Jahrzehnt die ersten "Internet-Telefonie"-Anwendungen
vorgestellt wurden, kam die Hoffnung auf, dass diese quäkenden und krächzenden
Programme schließlich in der Lage sein würden, den hohen Tarifen des öffentlichen
Telefonnetzes ein Ende zu setzen. Deregulierung, Wettbewerb und Quantensprünge
in der Übertragungstechnik haben jedoch Gesprächstarife derart verfallen
lassen, dass ein wesentlicher Kostenvorteil der Internet-basierten Telefonie
insbesondere im Fernbereich nicht darstellbar ist. Eine massive Re-Investition
und Ersatz existierender Vermittlungs- und Teilnehmereinrichtungen für
den Aufbau eines Internet- basierten Telefonnetzes zwecks Kostenersparnis
bei ein paar Ferngesprächen ist aus dem derart zu erwartenden Cashflow
schwer denkbar. Anders ist die Situation, wenn ein Breitband-Anschluss
bereits existiert: in diesem Fall ist es möglich, Sprache, Video und "iSMS"
("Internet instant messaging") ebenso wie E-Mail und Web als bloß eine
weitere Anwendung eines existierenden, bereits bezahlten Dienstes zu betreiben.
Anders als Telefonie, wo - über das Grundentgelt hinaus - üblicherweise
jedes Gespräch einzeln bewertet und verrechnet wird, bleibt es beim Breitband-Anschluss
bei der Pauschale für "den Stecker ins Internet". Wenn jedoch diese Voraussetzungen
gegeben sind, dann besteht ein wirtschaftliches Motiv - das Grundentgelt
wandert vom vertikal integrierten Telefonnetz zu einem Dienstanbieter,
der Sprachtelefonie und andere Dienste ermöglicht, ohne ein eigenes Zugangsnetz
zu besitzen. Es gibt bereits erste Firmen, die Derartiges anbieten - wie
beispielsweise Vonage (www.vonage.com), und Addaline (www.addavoice.com).
Selbst Riesen der klassischen Telefonie wie AT&T und MCI drängen in diesen
Markt.
In diesem Szenario wird Sprache und SMS daher eine vom Zugangsnetz "entbündelte"
Anwendung, womit für den Kunden eine weitere Dimension der Wahlfreiheit
(und freilich auch der Komplexität) entsteht.
Die Erfolgsfaktoren
Überwindung des Henne-Ei-Problems
Ungeachtet dessen, wie rasch nun tatsächlich die Ausbreitung derartiger
Anwendungen erfolgt, eines ist sicher - es unterliegt "Metcalfe's Gesetz".
Dieses besagt, dass der Nutzen eines Netzwerks quadratisch mit der Anzahl
der Teilnehmer steigt, und weist damit auf das "Henne- Ei-Problem" hin:
keine Teilnehmer, geringer Nutzen, wenig neue Teilnehmer. Daher ist es
wichtig, neue Netzwerktechnologien "rückwärts kompatibel" einzuführen,
um die Teilnehmer existierender Netze nach wie vor erreichen zu können
- ein neues Telefonnetz ohne Übergang zum existierenden "PSTN" (public
switched telephone network) ist mangels anfangs erreichbarer Teilnehmer
nicht sehr verlockend.
Daher ist es erforderlich, zwischen den neuen "Breitband-Anwendungen" Telefonie,
Video, iSMS und den existierenden Netzen Übergänge zu schaffen, soweit
dies von den "alten" Netzen eben unterstützt ist, primär daher Telefonie
und SMS, nachdem ein öffentliches Video-Telefonnetz nicht existiert. Die
Schaffung derartiger Netzübergänge ist daher ein zentrales Ziel von AT43
und der wichtigste Anwendungsfall der zugrunde liegenden Adressierungstechnologie
ENUM.
Überbrückung von Internet und Telefonnetz mit ENUM
Wenn ein solcher Netzübergang entworfen wird, stellt sich die Frage: Wie
erreiche ich den Teilnehmer im anderen Netz? Es fallen hierbei vier Szenarien
an: Telefonnetz-zu-Telefonnetz, Internet-zu-Internet, Internet-ins-Telefonnetz,
und Telefonnetz-ins-Internet.
Das erste Szenario funktioniert seit den Anfängen des Telefonnetzes, und
zwar mittels Wählen der Teilnehmernummer. Für die Adressierung im Internet
haben sich hingegen "universal resource identifiers" oder URIs durchgesetzt
- jedem sind Adressen wie mailto:mah@eunet.at oder http://www.nic.at/
geläufig. Es ist auch leicht möglich, eine Telefonnummer in einem URI "zu
verstecken", wie z. B. "sip:+436644213465@gateway.nic.at" - der Transport
von Telefonnummern bereitet auf der Internetseite für das dritte Szenario
daher keine Probleme. Im Gegensatz dazu ist das öffentliche Telefonnetz
auf die Adressierung durch Telefonnummern beschränkt - reine Ziffernfolgen,
in denen ein URI nicht untergebracht werden kann. Es bedarf daher eines
Abbildungsmechanismus für das vierte Szenario, und dieser ist ENUM (siehe
http://enum.nic.at/).
ENUM ist ein Verfahren, mit dem Telefonnummern auf URIs abgebildet werden
können - man kann daher einer Nummer im Telefonnetz ein oder mehrere Internet-Attribute
beifügen. Dies könnte beispielsweise ein URI sein, unter dem das Endgerät
eines Internet-seitigen Teilnehmers erreichbar ist. Wenn noch entsprechend
geeignete Nummern auf der Telefonseite verwendet werden, so können Gespräche
oder SMSes für diesen Teilnehmer zu einem Netzübergang geführt werden.
Dieser "sieht" die Nummer des Zielteilnehmers und stellt mithilfe von ENUM
den zugeordneten URI fest, um den Ruf (die Nachricht) Internet-seitig zustellen
zu können. ENUM verwendet dazu das Domain Name System des Internet, jenes
Verfahren, mit dem Namen wie www.nic.at auf Internet-Adressen wie 192.16.202.11
umgesetzt werden - bloß wird im Falle von ENUM nicht von Name auf IP-Adresse,
sondern von Telefonnummer auf URI umgesetzt.
Der österreichische ENUM-Feldversuch, initiiert durch die RTR Anfang 2002,
hat rascher als in vielen anderen Ländern zu konkreten Anwendungen und
Service-Szenarien geführt. Ergebnisse daraus fließen auch ein in die Neuordnung
der Nummerierung in Österreich im Zuge der Umsetzung des neuen Telekommunikationsgesetzes.
Der für den Benutzer wichtigste Effekt ist die Tatsache, dass er eine "ganz
normale" Telefonnummer verwenden kann, um einen anderen Teilnehmer zu erreichen
- egal ob dieser am Internet, oder im öffentlichen Netz ist, und auch unabhängig
davon, auf welcher "Seite" sein Anschluss beheimatet ist. Damit ist der
Erklärungsaufwand gering und die Nutzung leicht vermittelbar.
Verfügbarkeit von Endgeräten
Ein ähnlich gelagertes Problem ist die Verfügbarkeit von Anwendungen und
Endgeräten, was z. B. bei neuen Netzgenerationen im Mobilfunk eine stete
Quelle der Schuldzuweisung zwischen Geräteindustrie einerseits und Netzbetreibern
andererseits ist. Diese Schwelle ist überschritten - es gibt ein breites
Angebot an "Internet-Telefonen", sei es als "Bürotelefon", einfacher Terminal-
adapter für existierende Telefonapparate, oder "soft clients" (Telefonie/Instant
Messaging Programm) für die gängigsten Plattformen wie Windows, Windows
CE, Apple Macintosh und Linux.
Verfügbarkeit von hochwertigen, freien Codecs
Die Übertragung von Sprache und Video erfordert deren Codierung und Decodierung
durch so genannte "codecs". Diese rechenintensive Verarbeitung wurde zunächst
mit spezieller Hardware, so genannten "digitalen Signalprozessoren" (DSPs)
realisiert. Die Leistungsentwicklung auf dem Gebiet der CPUs für Allzweckrechner
ermöglicht es mittlerweile, solche Codecs auf preisgünstiger Massenhardware,
wie PCs oder PDAs, in brauchbarer Qualität zu realisieren. Dazu kommen
Verbesserungen bei den kritischen Faktoren Stromverbrauch und damit der
Batterie-Lebensdauer, was in der Folge tragbare Endgeräte ermöglicht.
Die Kosten von Endgeräten sind wesentlich getrieben durch Lizenzentgelte
von einigen geschützten Codecs, die durchwegs auf ITU-Standards beruhen
(G.711, G.723.1, G.729 etc.). Andererseits sind gerade diese Codecs keineswegs
besonders gut für Internet-Anwendung geeignet. Die Entwicklung von lizenzfreien
Codecs, die dazu noch die besonderen Bedingungen im öffentlichen Internet
bezüglich Laufzeitvarianz und Paketverlust berücksichtigen, ist ein starker
Treiber sowohl für Qualitätsverbesserung als auch Verbilligung von Endgeräten.
Beispiele dafür sind der iLBC-Codec der Firma Globalipsound, sowie der
Speex-Codec.
Verfügbarkeit von Diensten
Zwar sind erste - teils freie, teils kommerzielle - Dienste am Markt verfügbar,
wie z. B. von FreeWorld Dialup, Vonage, Addaline, Inode etc., dieser Markt
ist jedoch noch in einer sehr frühen Phase und daher kann die Förderung
einer entsprechenden Plattform im akademischen Kontext eine wichtige Vorreiterrolle
haben. Anders als eine kompetitive Diensterbringung ist diese Vorgangsweise
nicht mit Wettbewerbs-Animositäten und regulatorischen Auflagen belastet
und die Ergebnisse können in Form von Open Source Paketen für andere als
Starthilfe zur Verfügung gestellt werden.
Geeignete Nummernräume und Tarifierung
Die Erfahrungen des österreichischen ENUM-Trials haben gezeigt, dass der
Verfügbarkeit eines geeigneten Nummernraums für die Adressierung von Endgeräten
via ENUM sowie entsprechenden Randbedingungen wie einer günstigen Tarifierung
eine Schlüsselrolle zukommt. Damit im Zusammenhang sind auch neue Fragen
zu lösen, z. B. die Behandlung von Notrufen und die Feststellung des Aufenthaltsorts
von Anrufern, so dies als notwendig erachtet wird. Ein derartiger Nummernraum
wurde im Zuge der Neufassung der Numerierungsverordnung eingeführt - die
Bereiche 780 und 720. Dieser nichtgeografische Nummernbereich für persönliche
Nutzung ist ideal für nomadische VoIP-Zwecke geeignet, und andere Länder
sind hier dem Vorbild Österreichs bereits gefolgt oder dabei, diese Entwicklung
nachzuvollziehen (u.a. Korea, Japan, Irland, Großbritannien, BRD).
Die Intention von AT43
Wir gehen davon aus, dass die wesentlichen "Enabler" für die erwähnten
Breitband-Anwendungen bereits vorhanden sind. Wir glauben, dass in Zukunft
konvergente Internet-Dienste wie Sprache und Instant Messaging üblicher
Bestandteil des Diensteportfolios von ISPs und Telefonfirmen sein werden.
Wir wollen daher diese Komponenten beispielhaft in einer Diensteplattform
zusammenführen, als Hosting-Service für einen Zeitraum von circa zwei Jahren
betreiben und dadurch zur Nachahmung anregen - dabei geht es uns insbesondere
um die Erprobung von ENUM in einem realitätsnahen Szenario. Die AT43-Plattform
ist als Hosting-Lösung - ähnlich dem virtuellen Webhosting - entworfen,
auf die externe Anwendergruppen wie eben die Studenten der Universität
Wien und der TU Wien oder die Teilnehmer eines ISPs leicht "aufgeschaltet"
werden können.
Ähnlich der Frühphase des Internet, in dem der akademische Sektor eine
zentrale Rolle bei der Dienstentwicklung und -verbreitung hatte, ist
in dieser Marktphase eine gegenseitige Befruchtung von kommerziellen und
"freien" Diensten belegbar - so hat die freie FreeWorldDialup-Community
von Jeff Pulver in den USA eine Vorreiter- und Service-Entwicklungsfunktion
(vgl. www.fwdnet.org).
Wir wollen im Rahmen von AT43 neben dieser "Vorturner-Rolle" auch eine
Reihe von Fragen lösen, denen sich alle Betreiber derartiger Dienste stellen
müssen. Darunter sind Fragen der Authentizierung und des Vertrauens auf
die Gültigkeit einer Caller-Id bei Internet- basierten Teilnehmern, der
Verhinderung von "Spam", sowie der Herausbildung einer "voice peering"-Praxis
zwischen iTSPs (als "peering" bezeichnet man die Organisation des Verkehrsaustausches
zwischen ISPs - eine ähnliche Koordination wird für Gespräche zwischen
den Teilnehmern von iTSPs auch erforderlich sein. Anders als bei der gegenseitigen
Verrechnung zwischen Telefonfirmen ist zwischen ISPs keine Verrechnung
üblich und dieser Usus wird wohl auch beim "voice peering" beibehalten
werden).
Die AT43 Plattform
Funktionsweise von AT43
Für Studierende und Mitarbeiter der Technischen Universität Wien stehen
ab Sommer 2004 kostenlos ein SIP-Account (vgl. dazu www.iptel.org/ser/doc/sip_intro/sip_introduction.html), eine persönliche Telefonnummer sowie eine Voice-Mailbox
zur Verfügung. Unter dieser Telefonnummer kann der Teilnehmer unterschiedliche
Anwendungen wie Instant Messaging, Presence, E-Mail, Telefonie und Video
verwenden und erreicht werden.
Im Rahmen des Projektes AT43 wurde an der Universität Wien und in der Folge
auch an der TU Wien eine Infrastruktur aufgebaut, die den Universitäts-Angehörigen
Folgendes ermöglicht:
-
Kostenlose Telefonate im Internet zwischen IP-basierten Endgeräten aktiv
und passiv.
-
Erreichbarkeit aus dem öffentlichen Telefonnetz an einem IP-basierten Endgerät
zu herkömmlichen Tarifen.
-
Telefonate aus dem Internet in ein öffentliches Telefonnetz mit Verrechnung
über einen Call-by-Call-Anbieter.
-
Kostenlose Sprachmailbox.
-
Kostenlose Eintragung in den ENUM-Verzeichnisdienst.
-
Kostenloser Konferenzierdienst.
-
Konferenzen und Voicemail auch aus dem Festnetz erreichbar.
-
Kostenloser Faxempfang und Zustellung per E-Mail (Testbetrieb).
-
Kostenlos 0800 Nummern anrufen, die an Freenum teilnehmen.
Diese Dienste stehen allen teilnehmenden Mitarbeitern und Studierenden
der TU Wien nicht nur aus dem TUNET sondern aus dem gesamten Internet zur
Verfügung. Insbesondere sind auch Verbindungen mit Teilnehmern anderer
freier und kommerzieller Dienste, wie Free WorldDialup, Addaline, Telio,
Deltathree etc. möglich.
Zielsetzung
Dieses Projekt dient einerseits der Erprobung und Verbesserung der technologischen
Komponenten in einem großangelegten Feldversuch, andererseits aber auch
der Evaluierung der Benutzerakzeptanz der Internet-Telefonie und Instant
Messaging in Forschung, Lehre und Verwaltung. Die Plattform soll Studierenden
eine Möglichkeit bieten, Erfahrungen aus erster Hand mit innovativen Technologien
zu sammeln und sich von deren Praxistauglichkeit zu überzeugen. Die Voraussetzungen
für eine entsprechende sinnvolle Nutzung durch Studierende finden sich
einerseits in der hervorragenden Infrastruktur der Universität und der
TU Wien selbst, aber insbesondere auch in den attraktiven Zugangsmöglichkeiten
über vergünstigte Breitbandanschlüsse, die zudem durch die aktuelle Breitbandinitiative
der Bundesregierung zusätzlich gefördert werden.
Technische Beschreibung
Im Projekt AT43 werden unterschiedliche Komponenten zu einer leistungsfähigen
Plattform für Sprachkommunikation und andere Breitbanddienste integriert.
Soweit irgendwie möglich, wurde bei der Realisierung auf vorhandene, bewährte
Produkte zurückgegriffen. Echte Neuentwicklungen gab es nur in Teilbereichen
in Form von Anpassungen oder Implementierungen neuer Protokolle. Die im
Rahmen von AT43 aufgebaute Plattform ist somit weitgehend unabhängig von
besonderen Gegebenheiten der TU Wien und kann mit geringfügigen Anpassungen
(z. B. in der Schnittstelle zur Benutzerdatenbank) auch in jeder anderen
Umgebung aufgesetzt werden.
Die Komponenten von AT43
Im Projekt AT43 werden folgende Komponenten eingesetzt:
Server / Backend:
-
SIP-Proxy (iptel.org)
-
ENUM-DNS-Server (PowerDNS)
-
ENUM Registrar (von nic.at entwickelt)
-
Asterisk PBX (Open Source PBX auf Linux-Basis)
-
Radius-Server (Radiator)
-
Jasomi NAT-Reflector (ermöglicht SIP in Umgebungen, die an Firewalls NAT
einsetzen)
-
CISCO 5300 Voice-Gateway
-
Benutzerdatenbank auf SQL-Basis
-
Apache Web Server
Endgeräte:
Software-Terminals:
-
Microsoft Windows Messenger
-
Xten Xlite
-
Sjphone von Softjoy Labs
-
eStara
-
kphone (Linux)
Hardware-Terminals:
-
Cisco ATA-186 terminal adapter
-
Cisco 7960 SIP telephone
-
SNOM 200
-
SIPURA SPA-2000
-
Grandstream Budgetone phone
-
WLAN Handsets von BCM Computers
Abläufe
Nachfolgend werden die wesentlichsten Abläufe anhand von Beispielen von
Sprachverbindungen dargestellt. Analoges gilt für Chat, Video-Konferenzen
oder andere Dienste.
Anmeldung am AT43-Service
Jeder aktive Mitarbeiter und Studierende kann sich am AT43-Service anmelden.
Dies geschieht über eine Web-Maske (www.at43.at), wobei die Anmeldedaten
gegen die ZID Personendatenbank geprüft werden. Im Zuge der Anmeldung wird
dem Teilnehmer eine persönliche Telefonnummer in Form einer Durchwahl zugeteilt.
Diese Nummer hat die Form +43 599665 abcde für Studenten und +43 599666
abcde für Mitarbeiter (abcde = in der Regel die Nebenstelle). Die Abbildung
der Nummer auf den SIP- URI erfolgt über einen automatisch erzeugten ENUM-Eintrag.
Der "Presence"-Dienst
Ein Endgerät - egal ob Softclient oder "Hardphone" - meldet sich nach dem
Einschalten bei "seinem" SIP-Server - ganz analog einem GSM-Handy, das
nach dem Einschalten sich im Netz registriert. Hier findet auch die Authentizierung
statt - diese wird mit dem Radius-Protokoll gegen den Authentizierungsserver
des betreffenden externen Hosting-"Kunden" (TU Wien) durchgeführt. Ab dann
ist das Endgerät "online" und jene anderen Teilnehmer, die diesen Teilnehmer
auf einer "buddy list" verzeichnet haben, sehen ab dann diesen Teilnehmer
als "erreichbar". Dies ist sehr ähnlich dem "Presence"-Dienst von AOL,
MS Messenger, ICQ und Yahoo Messenger. Leider unterstützen noch nicht alle
Endgeräte diesen praktischen Dienst.
Sessions Internet - Internet
Zwischen Teilnehmern, die unmittelbar via Internet erreichbar sind, ist
der Verbindungsaufbau auf zwei Arten möglich:
1. Unter Angabe des URI - z. B. "sip:j7650719@at43. tuwien.ac.at" - in diesem
Fall erfolgt der Verbindungsaufbau sehr ähnlich wie bei E-Mail; der Server
löst die Domain hinter dem "@" in eine IP-Adresse auf und kontaktiert diesen,
worauf dieser dem Teilnehmer-Endgerät den Ruf zustellt.
2. Durch "Wählen" der Telefonnummer - z. B. "+43 59966 123456" - in diesem
Fall wird im Server zunächst mit einer ENUM NAPTR DNS-Abfrage die Telefonnummer
des gerufenen Teilnehmers auf einen URI umgesetzt. In einem zweiten Schritt
erfolgt der eigentliche Gesprächsaufbau wie im vorigen Szenario.
Falls eine
Telefonnummer gewählt wird, für die kein entsprechender ENUM-Eintrag im
DNS existiert, wird angenommen, dass diese Nummer nur über das öffentliche
Telefonnetz erreichbar ist. Daher wird dieser Ruf wie im nächsten Abschnitt
beschrieben verarbeitet.
Für die gesamte Verbindung fallen bei Szenario 1) und 2) für die Teilnehmer
keinerlei Gesprächsgebühren an, abgesehen von allfälligen Kosten des Internet-Zugangs.
Gespräche Internet - PSTN
Um möglichst gute Erreichbarkeit zu und von AT43 Teilnehmern zu garantieren,
war es uns wichtig, Rufe sowohl aus als auch in das öffentliche Netz zu
ermöglichen. Rufe aus dem öffentlichen Netz sind unprob- lematisch, da
dem Betreiber - der Universität - keine nutzungsabhängigen Kosten entstehen.
Problematisch ist allerdings die Richtung Internet zu öffentlichem Netz.
Einerseits soll dies funktionieren, andererseits wollten wir nicht in die
Verrechnungsproblematik hineingezogen werden. Wir haben dieses Problem
nun so gelöst, dass die Verrechnung durch existierende Standard-Abläufe
bei mehreren Telefonfirmen erfolgen kann:
Ein aktiver Gesprächsaufbau in das öffentliche Telefonnetz ist dann möglich,
wenn der Teilnehmer einen Vertrag mit einem Call-by-Call-Provider abgeschlossen
hat und dies bei seinen Einstellungen entsprechend konfiguriert hat. In
diesem Fall wird bei abgehenden Gesprächen vor die Rufnummer die Vorwahl
des eingetragenen Providers eingefügt. Da beim abgehenden Ruf in den Verbindungsdaten
die Durchwahl des Teilnehmers mit- übergeben wird, kann eine Abrechnung
des anfallenden Gesprächsentgelts durch den Call-by-Call-Provider direkt
an den Teilnehmer erfolgen. Da der Anschluss der Universität mit einer
Aktivsperre ausgestattet wurde, können über diese Leitungen nur Anrufe
mit entsprechender Vorwahl sowie Notrufe abgesetzt werden. Für den anrufenden
Teilnehmer fallen hier die Gebühren des Call-by- Call-Providers, bemessen
von einem abgehenden Gespräch vom Standort der TU Wien an, unabhängig wo
sich der rufende Teilnehmer befindet.
Derartige Call-by-Call-Verträge sind ohne Grundentgelt möglich und es stehen
mehrere Telefonfirmen zur Auswahl. Falls der Teilnehmer eine Telefonfirma
eingestellt hat, mit der er für seine Nummer keinen Vertrag hat, und einen
Ruf ins öffentliche Netz macht, erreicht er üblicherweise den Kundendienst
dieser Firma.
Gespräche PSTN - Internet
Eingehende Gespräche aus dem öffentlichen Telefonnetz werden durch einen
Cisco 5300 Media Gateway auf VoIP umgesetzt, sofern der gerufene Teilnehmer
gerade am SIP-Server registriert ist. Ist dies nicht der Fall, gelangt
der Anrufer auf eine Sprachbox, wo er eine Nachricht hinterlassen kann.
Diese Sprachmailbox ist mit der freien Software Nebenstellenanlage "Asterisk"
realisiert. Die ENUM-Abfrage geschieht in diesem Szenario durch den SIP-Server,
der den über den Gateway eingehenden Ruf zum Teilnehmer entsprechend dem
Inhalt des NAPTR Records zustellt. Der Anrufer benötigt weder spezielles
Equipment, noch muss er weitere Details über die Konfiguration des Teilnehmers
wissen, abgesehen von der Rufnummer. Für den gerufenen Teilnehmer fallen
keine Kosten an, die Kosten des anrufenden Teilnehmers entsprechen denen
eines Telefonates mit der TU Wien - egal wo sich der Angerufene nun befindet.
Abfragen der Voicebox
Jedem Teilnehmer wird eine Voicebox zur Verfügung gestellt, in die ein
Anrufer bei Nichterreichbarkeit des Teilnehmers umgeleitet wird. Sprachnachrichten
werden per E-Mail zugestellt.
Beenden der Teilnahme
Auf Wunsch des Teilnehmers kann jederzeit die Teilnahme an diesem Service
beendet werden. Die vergebene Durchwahl wird für mindestens sechs Monate
gesperrt und kann erst nach dieser "Abkühlphase" an einen anderen Teilnehmer
vergeben werden.
Benutzerkreis
Derzeitige "Hosting-Kunden" sind die Universität Wien und die Technische
Universität Wien - damit sind Studierende und Universitätsmitarbeiter erreichbar,
was einer Population von etwa 150.000 Teilnehmern entspricht. Eine Ausweitung
auf das gesamte akademische Netz ist denkbar. In einer zweiten Phase wollen
wir interessierte ISPs zuschalten. Als gerufene Teilnehmer sind alle über
Internet und SIP angeschlossenen Anwender erreichbar.
Innovationen von AT43
Das Konzept einer virtuellen SIP-Hosting Plattform ist neu und wird bei
AT43 auf seine Durchführbarkeit überprüft. Neu ist auch die Schaffung eines
generischen PSTN/Internet-Übergangs, bei dem - abgesehen vom Internet-Verkehr
- beim Betreiber keine variablen Kosten anfallen - dadurch können auch
die Kosten für den Teilnehmer im Extremfall auf die ausschließlich variablen
Telefonkosten des Call-by-Call-Betreibers reduziert werden. Damit können
- bei existierendem Breitbandanschluss - "Anschlüsse" extrem kostengünstig
und trotzdem mit voller Funktionalität realisiert werden.
Wir glauben, dass es sich mit AT43 um die derzeit weltweit größte ENUM-Anwendung
im Produktionsbetrieb handelt, und wir hoffen, daraus wertvolle Erfahrungen
bezüglich der Stabilität, Skalierbarkeit und der Zweckmäßigkeit der eingesetzten
Prozesse zu ziehen.
Ausblick
In einer zweiten Phase des Projekts wollen wir AT43 um folgende Funktionalität
erweitern:
-
Kryptografische Sicherung der Teilnehmer-Identität (Caller ID) bei Rufen
aus dem Internet durch Verwendung von SIM- Cards wie in GSM/UMTS-Netzen,
-
WLAN-Roaming - Integration der Teilnehmerauthentizierung von Wireless LAN
Zugang und AT43 Service, und Test mit mobilen Clients,
-
"iSMS" - die Möglichkeit des Empfangs/Versands von SMS ähnlich wie und
kompatibel mit existierenden SMS bei GSM Handies und Festnetz-SMS wie
von der Telekom Austria angeboten - idealerweise mit einem ähnlichen "Verrechnungstrick"
wie bei Gesprächen vom Internet ins öffentliche Netz,
-
Entwicklung einer "voice peering"-Vereinbarung und Praxis, ähnlich wie
beim Peering zwischen ISPs,
-
Integration existierender Nebenstellenanlagen, wie derer von nic.at und
Universität Wien.
-
Faxversand.
-
Videotelefonie mit UMTS Handys.
Zusammenfassung
Mit der Breitband-Diensteplattform AT43 bietet nic.at ein neuartiges Service
zunächst für akademische Teilnehmer und in der Folge für breitere Teilnehmerschichten
exemplarisch an, um die Verbreitung bei ISPs anzuregen. Weitere Ziele sind
die Erprobung und Verbesserung einzelner Dienstekomponenten wie der Test
von ENUM in einer großen Benutzerpopulation, sowie der Lösung von Verrechnungs-
und Authentizierungsproblemen.
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