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Arbeiten mit Solid Edge

Andreas Astleitner, Institut für Sensor- und Aktuatorsysteme

Warum gerade Solid Edge?

Seit Bestehen der Abteilung MikroSystemTechnik (vor 2004 des Institutes für Mikro- und Feinwerktechnik) gab es auf Grund der fachlichen Ausrichtung des Institutes den Bedarf an Konstruktionsarbeit - entweder für die Adaption von Prüfgeräten oder auch für Firmenpartner, welche Lösungen für ihre konstruktiven Probleme suchten. All diesen Problemen gemeinsam war die Forderung nach Einzelteilzeichnungen, Baugruppenzeichnungen, Bewegungssimulationen, Einbau- und Kollisionsbetrachtungen sowie eventuell eine Datenübergabe an FE-Systeme zwecks weiterer Berechnungen. Bis Mitte der 80er-Jahre wurden die beiden erstgenannten Probleme mit klassischen (handwerklichen) Methoden, d.h. in Form von Werkzeichnungen, gelöst. Mit dem Aufkommen der ersten CAD-Systeme wurden die Arbeiten dann auf PCs verlagert, ein Arbeiten im dreidimensionalen Raum war damit aber trotzdem nicht möglich. Alternative zu PC-Systemen gab es damals schon einige, diese schieden auf Grund der hohen Anschaffungs- und Wartungskostenkosten sowohl für die Software als auch für die dazu benötigte Hardware aus. Ende der 90er-Jahre gab es allerdings einen Entwicklungsschub bei PC-basierenden CAD-Systemen in Richtung 3D-Funktionalität, sodass eine Menge der oben gelisteten Probleme mit vertretbarem Aufwand mit diesen "neuen" Systemen gelöst werden konnten. Nach Auswertung einer Marktrecherche stießen wir auf das Produkt Solid Edge von UGS, welches sämtliche Problembereiche abdeckt.

Allgemeines

Solid Edge ist ein "echtes" 3D-CAD-System, welches aus Modulen für die Konstruktion von Volumskörpern, zur Erstellung bzw. Ableitung von 2D-Zeichnungen (Werkzeichnungen), zur Erstellung von Schweißkonstruktionen und  zur Erstellung von Baugruppenkonstruktionen besteht. Die Stärken von Solid Edge liegen eindeutig in der Interoperabilität dieser Module. Diese Module sollen nun im Einzelnen kurz vorgestellt werden.

Volumskörper

Zum Modellieren von Körpern stehen dem Konstrukteur eine Menge an Funktionen zur Erstellung eines Teiles auf Basis von geometrischen Primitiven zur Ver- fügung. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Möglichkeit der Parametrisierung der geometrischen Elemente - auch in mathematischer Abhängigkeit zueinander mittels einer Variablentabelle, in welcher auch VisualBasic-Routinen verarbeitet werden können. Ebenso können zuvor erstellte Körper assoziativ (als Konstruktionselemente) zur Weiterbearbeitung eingefügt werden. Auch Bool'sche Operationen lassen sich damit durchführen. Eine dritte Möglichkeit der Verknüpfung ist jene der "Inter-Part-Kopie". Damit ist es möglich, Geometrien oder Parameter von Teil A mit jenen von Teil B zu verknüpfen. Eine weitere Möglichkeit der Körpererstellung ist jene mittels Flächen. Damit ist eine sehr flexible Erstellung von Bauteilen möglich. Durch Definition der Materialeigenschaften ist eine Kalkulation des Bauteilgewichtes, des Volumsschwerpunktes, des Masseschwerpunktes, der Massenträgheitsmomente und der Hauptträgheitsmomente möglich.
Bild 1
Bild 1: Zahnradkonstruktion mittels Variablentabelle
Bild 2
Bild 2: Konstruktion mittels Teilekopie, Flächen und Bool'schen Operationen

Blechteile

Eine besondere Art von Körpern sind Blechteile. Nach Definition der Blechstärke können Blechteile aus den Elementen Lasche, Lappen und Konturlappen erstellt werden. Die Art der Eckausklinkung und der Freistellung können für jeden Bug separat eingestellt werden. Auf Knopfdruck kann die Abwicklung erstellt werden. Für die Berechnung der gestreckten Länge kann entweder die Formel zu Berechnung der neutralen Faser oder ein konstanter Wert herangezogen werden. Für die Weiterbearbeitung gibt es Funktionen zur Konstruktion von Sicken, Profilen und Lüftungsschlitzen. Eine interessante Funktion ist jene der Erstellung von Blechteilen aus Volumskörpern. Ebenso können Materialeigenschaften definiert und die damit zusammen hängenden physikalischen Eigenschaften errechnet werden.
Bild 3
Bild 3: Blechteil
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Bild 4: Blechteil - Abwicklung

Schweißteilerstellung

Bei Schweißteilkonstruktionen werden die beteiligten Teile zunächst in einer Baugruppe platziert. Diese ist dann Basis für die Erstellung der Schweißkonstruktion. Als Schweißnahtformen stehen derzeit allerdings nur Kehlnähte zur Verfügung. Für die Berechnung der physikalischen Eigenschaften gilt das Gleiche wie bei der Teileerstellung. Schweißkonstruktionen werden in Baugruppen wie Einzelteile behandelt.
Bild 5
Bild 5: Schweißteil

Baugruppen

Baugruppen können aus Volumskörpern, Blechteilen, Schweißkonstruktionen, Teilen aus Bauteilbibliotheken (einige Schrauben, Muttern und Scheiben werden bei Solid Edge standardmäßig mitgeliefert) sowie Baugruppen bestehen. Damit ist es möglich, einen strukturierten Aufbau durchzuführen. Die Einbaubedingungen können frei zugeordnet, die verbauten Teile können auf Freiheitsgrade untersucht werden. Auf Basis dieser Einbaubedingungen ist es möglich, Bewegungssimulationen und Kollisionsbetrachtungen durchzuführen. Diese können aufgezeichnet werden und als Video im AVI-Format abgespeichert werden. Durch Einführen von Sensoren und Grenzen können diese Untersuchungen noch verfeinert werden.
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Bild 6: Baugruppe in Schnittansicht
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Bild 7: Baugruppe mit Volumkörpern und Blechteilen
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Bild 8: Baugruppe - Explosionsdarstellung

Zeichnungserstellung

Zeichnungen werden mittels des Moduls "DRAFT" erstellt. Zwei Erstellungsarten sind damit möglich: Einerseits Ableitungen von zuvor erstellten Körpern / Baugruppen / Schweißteilen - bei Änderung an den zu Grunde liegenden Konstruktionen sind die abgeleiteten Zeichnungen lediglich per Knopfdruck zu aktualisieren - andererseits die Erstellung von 2D-Werkzeichnungen mittels der Zeichenfunktionen ohne Verbindung zu anderen Konstruktionen. Bei dieser Methode sind die Verknüpfungsfunktionen von Solid Edge eine echte Hilfe, Maße können ebenfalls zueinander in Beziehung gebracht werden. Bei abgeleiteten Zeichnungen können sämtliche errechneten physikalischen Eigenschaften übernommen und im Schriftkopf weiter verwendet werden.
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Bild 9: Zeichnungsableitung Volumskörper
Bild 10
Bild 10: Zeichnungsableitung Explosionsdarstellung

Zusammenfassung

Das Produkt wird nun schon seit einigen Jahren zur vollen Zufriedenheit am Institut eingesetzt. Ein Punkt, welcher von Anfang an überzeugend war, ist jener der leichten und schnellen Erlernbarkeit - dies auch durch die hervorragenden Online-Tutorials und die kontextbezogene Hilfefunktion. Einfachere Teile lassen sich mit Solid Edge schon nach wenigen Stunden Lernzeit erstellen.
Seit das Programm in der Campus-Liste aufscheint, haben es Institute quer durch alle Fakultäten lizenziert - nicht nur Maschinenbauer. Diese Software wird mit folgendem Hintergrund auch als Studentenversion zur Verfügung gestellt: sollte ein Institut die Software im Lehrbetrieb einsetzen, dann sollen auch die Studenten in die Lage versetzt werden, diese zu Hause für die Weiterbildung, Hausübungen, Projekte, ... verwenden zu dürfen. Als letzten Hinweis für eine mögliche Nutzung der Software möchte ich noch die Gruppe der Lehrer für Darstellende Geometrie in Österreich erwähnen, welche Solid Edge auf Grund der Fähigkeiten im 2D-Bereich in ihrem Unterricht einsetzen.
Für Fragen und nähere Informationen stehe ich gerne unter Andreas.Astleitner@TUWien.ac.at bzw. 58801x36683 zur Verfügung.
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